Das Handwerk steht am Scheideweg. Während viele Branchen um Nachwuchs kämpfen, bleibt die Zahl der Auszubildenden im Handwerk seit Jahren zu niedrig. Eine aktuelle Studie aus dem Saarland liefert nun wichtige Hinweise, wie sich das ändern könnte – und was Betriebe, Politik und Gesellschaft dafür tun müssen.
Studie zeigt: Jugendliche wollen mehr Orientierung und Sinn
Die von der Handwerkskammer des Saarlandes in Auftrag gegebene Untersuchung hat über 500 junge Menschen im Alter von 14 bis 20 Jahren befragt. Das Ergebnis: Die Lust aufs Handwerk ist da – aber sie scheitert oft an mangelnder Information und fehlenden Perspektiven.
Besonders auffällig:
- Nur ein Drittel der Befragten konnte sich vorstellen, einen Handwerksberuf zu erlernen.
- Über 70 % wünschten sich mehr praktische Einblicke vor der Berufsentscheidung.
- Ein Großteil fühlt sich unzureichend beraten – sowohl in der Schule als auch von den Eltern.
Die Studie macht deutlich: Es hapert nicht am Image des Handwerks, sondern an der Vermittlung realistischer, greifbarer Berufsbilder.
Handwerk muss sichtbar(er) werden
Viele Jugendliche kennen nur einen Bruchteil der über 130 Ausbildungsberufe im Handwerk. Dabei reicht das Spektrum von traditionellen Gewerken wie Bäcker oder Maurer bis hin zu Hightech-Berufen wie Anlagenmechaniker für erneuerbare Energien oder Hörakustiker.
Was junge Menschen überzeugt:
- Direkter Kontakt mit Auszubildenden oder Junggesellen
- Praktische Erfahrungen, z. B. über Schulprojekte oder Praktika
- Klare Entwicklungsmöglichkeiten – auch jenseits des Meisterbriefs
Dabei kommt es nicht nur auf Werbung an, sondern auf echte Begegnungen: Werkstatt-Tage, Schulpartnerschaften oder Azubi-Botschafter können Hemmschwellen abbauen und Interesse wecken.
Ausbildungsbetriebe: Authentizität statt Imagekampagnen
Was die Studie ebenfalls zeigt: Jugendliche lassen sich nicht von Hochglanzbroschüren beeindrucken – sondern von glaubwürdigen Einblicken in den Arbeitsalltag. Ausbildende Betriebe können mit einfachen Mitteln viel erreichen:
Maßnahme | Wirkung |
---|---|
Teilnahme an Schulveranstaltungen | Frühzeitiger Kontakt zu potenziellen Azubis |
Social-Media-Auftritte von Azubis | Authentische Einblicke in den Arbeitsalltag |
Praktikumsmöglichkeiten ab Klasse 8 | Konkrete Erfahrungen vor der Bewerbung |
Azubis als Mentoren einsetzen | Stärken das Wir-Gefühl und die Bindung |
Neue Wege in der Berufsorientierung
Die Untersuchung aus dem Saarland gibt auch Empfehlungen für Bildungspolitik und Kammern. Gefordert werden:
- Verpflichtende Werkstatt-Tage in der Mittelstufe
- Stärkere Einbindung von Handwerksbetrieben in den Unterricht
- Mehr digitale Formate zur Berufsorientierung, etwa interaktive Betriebsrundgänge oder Video-Tagebücher von Azubis
Ziel muss es sein, junge Menschen nicht nur für das Handwerk zu interessieren, sondern ihnen auch konkrete Entwicklungsperspektiven aufzuzeigen – vom Gesellen bis zum eigenen Betrieb.
Handwerk hat Zukunft – aber nur mit Reformwillen
Das Potenzial für eine starke, moderne Ausbildung im Handwerk ist vorhanden. Was fehlt, ist eine strategische Verbindung zwischen Jugendlichen, Schulen und Betrieben. Die Handwerkskammer Saarland will hier mit gutem Beispiel vorangehen und versteht die Studie als Startpunkt für neue Bildungsallianzen.
Für Hausbesitzer, Sanierer und Kunden bedeutet das: Wer auf Handwerk setzt, investiert nicht nur in Qualität, sondern auch in eine Gesellschaft, die wieder Wert auf Können, Praxis und echtes Miteinander legt.