Wer eine Sanierung plant, ein Haus bauen lässt oder Mängel am Bauwerk prüfen will, stößt schnell auf zwei Begriffe: DIN-Normen und die anerkannten Regeln der Technik (aRdT). Auf den ersten Blick scheinen beide Konzepte identisch – doch zwischen ihnen gibt es wichtige Unterschiede, die im Streitfall vor Gericht entscheidend sein können.
DIN-Normen: Technischer Standard mit Einschränkungen
DIN-Normen sind aus der Praxis nicht wegzudenken. Sie definieren technische Standards – etwa zur Abdichtung von Bädern, zur Verarbeitung von Putzen oder zur Installation elektrischer Anlagen. Doch rechtlich sind sie keine zwingenden Vorschriften.
Wichtige Merkmale von DIN-Normen:
- Werden vom Deutschen Institut für Normung (DIN) herausgegeben
- Entstehen unter Mitwirkung von Fachleuten aus Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung
- Haben Empfehlungscharakter, keine Gesetzeskraft
- Können in Vergabeverfahren, Verträgen oder Ausschreibungen verbindlich gemacht werden
Ein verbreiteter Irrtum: Wer „nach DIN“ arbeitet, ist automatisch auf der sicheren Seite. Denn nicht jede DIN-Norm entspricht automatisch dem aktuellen Stand der Technik.
Was zählt rechtlich: Die anerkannten Regeln der Technik
Die sogenannten anerkannten Regeln der Technik haben in der Baupraxis einen höheren Stellenwert. Sie gelten als objektiver Maßstab für die Qualität und Mängelfreiheit eines Werkes – unabhängig davon, ob eine DIN-Norm eingehalten wurde oder nicht.
Was sind die anerkannten Regeln der Technik?
- Es handelt sich um technische Lösungen, die:
- in der Fachwelt bekannt,
- von der Mehrheit der Experten als richtig anerkannt,
- und in der Praxis bewährt sind.
- Sie entwickeln sich kontinuierlich weiter – oft schneller als DIN-Normen aktualisiert werden.
- In Gerichtsverfahren bilden sie die Grundlage für die Beurteilung, ob ein Bauwerk mängelfrei erstellt wurde.
Ein Werk kann also mangelhaft sein, obwohl es streng nach einer (veralteten) DIN-Norm ausgeführt wurde. Umgekehrt kann eine innovative Lösung zulässig sein, wenn sie dem aktuellen Stand der Technik entspricht – auch wenn sie (noch) nicht in einer DIN verankert ist.
Was bedeutet das für Hausbesitzer und Renovierer?
Gerade bei Sanierungen, Neubauten oder Streitigkeiten mit Handwerksbetrieben ist es wichtig, die Begriffe korrekt einzuordnen. Wer sich allein auf DIN-Normen verlässt, riskiert böse Überraschungen – etwa wenn eine Norm nicht mehr dem neuesten technischen Wissenstand entspricht.
Praktische Tipps für Bauherren:
- Bei Beauftragung von Handwerksbetrieben sollte im Vertrag klar geregelt werden, ob Arbeiten nach DIN, nach aRdT oder nach konkreten technischen Regeln erfolgen sollen.
- Lassen Sie sich geplante Ausführungen erläutern – und fragen Sie nach, ob diese dem „Stand der Technik“ entsprechen.
- Im Zweifel lohnt sich die Rücksprache mit einem öffentlich bestellten Bausachverständigen.
Wann wird es kritisch? Beispiele aus der Praxis
Beispielhafte Situation | Nach DIN-Norm korrekt? | Nach aRdT korrekt? | Mögliche Folge |
---|---|---|---|
Abdichtung im Bad nach alter DIN | Ja | Nein | Mangelhafte Abdichtung, Streit |
Neue Dämmtechnik, nicht genormt | Nein | Ja | Zulässig, wenn fachlich bewährt |
Elektroinstallation gemäß aktueller DIN | Ja | Ja | Ordnungsgemäß |
Auch für Sachverständige und Gerichte ist Präzision gefragt
Ein Bau-Sachverständiger muss im Gutachten klar darlegen, auf welche Quellen er sich stützt: Fachliteratur, anerkannte technische Richtlinien oder Lehrmeinungen. Persönliche Einschätzungen ohne fachliche Belege reichen nicht aus. Auch Gerichte verlangen nachvollziehbare und objektiv belegte Begründungen, wenn es um die Einhaltung der aRdT geht.
Ausblick für die Baupraxis
Für alle Beteiligten am Bau – vom Hausbesitzer bis zum Handwerker – gilt: DIN-Normen sind hilfreich, aber nicht das Maß aller Dinge. Entscheidend ist, ob eine Ausführung den anerkannten Regeln der Technik entspricht. Nur so lassen sich Mängelrisiken, rechtliche Auseinandersetzungen und teure Nachbesserungen wirksam vermeiden.
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